CRH Transport Sicherheitstag 2019
Gewonnen wird im Kopf
Gute Beispiele machen Schule. Den Beweis dafür lieferte der Sicherheitstag für Speditionen, den OPTERRA und der Logistikpartner CI vor nunmehr neun Jahren ins Leben gerufen haben. Vertreter von Speditionen können sich einen Tag lang über aktuelle Entwicklungen, Trends und gesetzliche Regelungen in der Branche, über Aktivitäten der Industrie informieren und mit Kollegen sowie Vertretern aus Wirtschaft, Politik und Verbänden in Austausch treten.
In diesem Jahr wurde das bewährte Format nun erstmals auf weitere CRH-Unternehmen in aus Deutschland, Österreich und der Schweiz ausgedehnt. Hintergrund ist, dass sich CRH mit seinem bisherigen jährlichen Safety-Event in Amsterdam unserer deutschsprachigen „Runde“ angeschlossen hat. Gastgeber der Veranstaltung am 8. Oktober im Fuldaer 3G Kompetenzzentrum für Ladungssicherheit waren neben der CI Logistik GmbH und der OPTERRA GmbH auch die Fels GmbH, bei denen in 2018 mit Unterstützung der CI das Sicherheitsmanagement-System mit den bekannten Verhaltensregeln und dem Online-Test eingeführt wurde.
Die insgesamt etwa 100 Teilnehmer erwartete ein ebenso abwechslungsreiches wie kompaktes Tagesprogramm. Neu und schwungvoll verlief gleich der Einstieg. Unter der Überschrift „Gewonnen wird im Kopf“ berichtete Stephan Soder von der Schweizer Feldschlösschen Getränke AG über den Weg des Unternehmens zu einer neuen Sicherheitskultur, mit der die Ausfallstunden durch Stolpern und Stürze fast vollständig abgebaut wurden. Durch kluge Planung und konsequente Umsetzung der Regeln, im Produktionsbereich nicht mehr zu rennen, ist es gelungen, bei den Kollegen und Kolleginnen ein Umdenken und nachfolgende Verhaltensänderung zu bewirken.
Nach dieser Einstimmung begrüßte Tino Villano von CRH Europe die Anwesenden und nahm mit seinen Ausführungen zur Safety-Policy des CRH Konzerns das Thema auf. Die Tatsache, dass sich 60 Prozent aller tödlichen Unfälle in der Bauindustrie beim Transport ereignen, ist alarmierend und erfordert eine bewusste Auseinandersetzung und aktives Handeln der Beteiligten. Tino Villano stellte die Maßnahmen und Best practices vor, die bei Fels und OPTERRA in den vergangenen Jahren eingeführt wurden. Angefangen bei den 16 lebensrettenden Regeln des Konzerns reichen sie über Safety Onlinechecks, ein Konsequenzenmanagement für Spediteure und Selbstabholer, Verhaltenstrainings unter Live-Bedingungen bis hin zu gemeinsamen Vor-Ort-Aktionen mit der CI-Logistik (Trucker-BBQ, SAFETY-2-go oder SAFETY-Parcours) – und das alles in Zusammenarbeit mit unserem Partner CI-Logistik. „Unser Ziel heißt ‚Vision Zero‘. Um dies zu erreichen, müssen wir möglichst viele Einflussfaktoren für Unfälle betrachten“.
Ein solcher Faktor ist der demografische Wandel und die Diskussion um die Eignung von Fahrern. Prof. Dr. Wolfang Schubert vom Bonner Institut für Rechts- und Verkehrspsychologie lieferte einen kurzen juristischen Abriss. In seinen Ausführungen stellte er dem steigenden Alter der Bevölkerung die Tatsache gegenüber, dass die meisten der mit dem Alter verbundenen Einschränkungen der Fahrer durch technische Hilfsmittel kompensierbar sind. Gleichwohl sprach er aber auch davon, dass ältere Fahrer umsichtiger und gewissenhafter handeln, sich in der Selbstüberprüfung (z.B. bei Unwohlsein) nicht überschätzen und riskante Fahrsituationen eher vermeiden. Gleichwohl unterliegt der menschliche Faktor in Deutschland keiner Pflichtüberprüfung. Vielmehr richtet sich der Appell an das Bewusstsein der Fahrer und ihre Selbstüberprüfung.
Um die technischen Hilfsmittel und Nutzfahrzeug-Sicherheitssysteme im Spannungsfeld zwischen technischen Entwicklungsmöglichkeiten und politischen Entscheidungsprozessen rankte sich eine anschließende Podiumsdiskussion, durch die Tino Villano führte. Seine Gesprächspartner waren MdEP a.D. Dieter-L. Koch, als stellvertretender Vorsitzender des Verkehrsausschusses im Europäischen Parlament und Dieter Schoch aus dem Bereich External Affairs Global Markets der Daimler AG. Einig war man sich darin, dass die politischen Entscheidungsprozesse zum verpflichtenden Einbau von Assistenzsystemen nur schleppend verlaufen. Hier ist nach Aussage von Dieter-L. Koch wohl mit Blick auf die komplette personelle Neubesetzung des Verkehrsausschusses im neuen gewählten Europa-Parlament nicht mit einer schnellen Entscheidung zu rechnen. Dieter Schoch von der Daimler AG, die derzeit als einziger Hersteller serienmäßig den sog. Abbiegeassistenten anbietet, verwies auf das dringende Inkrafttreten der General Safety Regulation. Die Revision der Verordnung ist im Rahmen des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens erfolgt. Die formale Annahme der Verordnung steht noch aus. Eine von allen Teilnehmern unterstützte Maßnahme ist die vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) geförderte Initiative „Aktion Abbiegeassistent“, mit Hilfe derer der Einbau beschleunigt werden soll.
Demografischer Wandel, Digitalisierung, Klimaschutzpaket – wie wird die Logistik der Zukunft aussehen? Den Ausblick darauf gab zum Abschluss des Sicherheitstages Dr. Werner Andres von der Abt. Verkehrssicherheit beim Bundesverband Güterverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL) in Frankfurt. „Was uns erwartet …“, so seine Aussage, „ … ist ein Paradigmenwechsel“. Begründet wird er durch Entwicklungen wie Globalisierung, Bevölkerungswachstum, Industrie 4.0 und die Energie- und Verkehrswende. Um die damit verbundenen Herausforderungen an den Gütertransport zu bewältigen, sind funktionierende digitale Informationsflüsse und europaweite Standards unerlässlich.
Wertvolle Lösungsansätze und Impulse hat der Sicherheitstag in Fulda den Teilnehmern mitgegeben. Das zeigte nicht nur an den lebhaften Diskussionen bei den Vorträgen, sondern auch während des Networkings in den Pausen. Das neue Format stieß in jedem Fall auf eine durchweg positive Resonanz bei den Gästen – eine gute Motivation für die nächste Veranstaltung 2020.
Zitate
„In den Unternehmen von CRH werden neben den Unfällen auch die Vorfälle erfasst und geteilt, aus denen übergreifend wichtige Lehren gezogen werden können.“ – Tino Villano, CRH Europe
„Die meisten Einschränkungen im Alter sind durch technische Hilfsmittel kompensierbar.“ – Prof. Dr. Wolfgang Schubert, Bonner Institut für Rechts- und Verkehrspsychologie
„Um die zukünftigen Herausforderungen, vor denen die Logistik steht, zu meistern, bedarf es eines funktionierenden digitalen Informationsflusses auf europäischer Ebene.“ – Dr. Werner Andres, Bundesverband Güterverkehr, Logistik und Entsorgung